Anerkennen statt Ausgrenzen – IG BCE für mehr Willkommenskultur

Am 6. Dezember fand in Recklinghausen die 44. migrationspolitische Tagung der IG BCE statt

Es war eine Rede mit Überlänge, aber auch eine Rede in aller Deutlichkeit, die der nordrhein-westfälische Minister für Arbeit, Integration und Soziales, Kollege Guntram Schneider, als Hauptredner der Recklinghäuser Tagung hielt: „Migranten sind keine Minderheit, die man „betütteln“ muss, sie sind eine ernstzunehmende Größe – sie gehören zu uns!“ Gerade in einem Bundesland wie NRW, wo der Anteil der Unter-25-jährigen mit einem sogenannten Migrationshintergrund bei knapp 50 Prozent liege. „Kulturelle Andersartigkeit ist eine Bereicherung für uns“, unterstrich der Minister. Ein flammender Appell für eine stärkere Willkommenskultur, ein Plädoyer für mehr politische Teilhabe – ganz im Sinne der Tagung.

„Anerkennen statt Ausgrenzen“ war das Motto der migrationspolitischen Veranstaltung der IG BCE, die traditionell am ersten Dezembersamstag im Festspielhaus zu Recklinghausen stattfindet und zu der auch dieses Jahr am Nikolaustag wieder rund 300 interessierte Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter den Weg gefunden hatten. Am Anfang seiner Rede hob der Minister den Kumpelverein hervor, „der wieder zum Leben erweckt wurde und im Konzert der Initiativen gegen Rassismus eine wichtige Rolle spielt“.

Begrüßt wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von der stellvertretenden Vorsitzenden der IG BCE, Edeltraud Glänzer. Auch sie betonte, dass man die Kenntnisse anderer Kulturen und somit die interkulturelle Kompetenz stärken müsse, um diskriminierende Strukturen zu beseitigen. Denn Rassismus sei in der Mitte der Gesellschaft vorzufinden, sie verwies dabei auf eine kürzlich erschienene Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, die fremdenfeindliche Einstellungen in der Bevölkerung empirisch untersuchte. Die Gewerkschaften seien in Bezug auf die Arbeitswelt Vorreiter im Kampf gegen Diskriminierung: „Wir reden nicht, wir handeln – und das nicht seit gestern!“ Sozialpartner- und Betriebsvereinbarungen zum partnerschaftlichen Verhalten am Arbeitsplatz seien zwei von vielen gewerkschaftlichen Maßnahmen. Ein besonderes Anliegen war es der stellvertretenden Vorsitzenden, auf die Situation der Flüchtlinge einzugehen, die auf Grund von Krieg, politischer Verfolgung und Vertreibung in Deutschland Asyl suchten. Sie verwies dabei auf die kürzlich vom IG-BCE-Beirat verabschiedete Resolution, in der sich die IG BCE für eine gerechte Flüchtlingspolitik ausspricht. In Bezug auf Misshandlungen in Flüchtlingsunterkünften, wie in Burbach geschehen, betonte Glänzer: „Dass Menschen, die Schutz suchen, misshandelt werden, dürfen wir nicht zulassen!“ Hier gehe es um elementare Werte der Gewerkschaften. Die Politik müsse für ausreichend Platz und eine gute Betreuung sorgen, forderte die stellvertretende Vorsitzende.

Ein Grußwort überbrachte auch der neugewählte Bürgermeister der Stadt Recklinghausen, Christian Tesche. Beim Anblick des vollen Plenarsaales wurde ihm Eines bewusst: „Wenn ich sehe, wie sich die IG BCE gegen Fremdenfeindlichkeit einsetzt, war es richtig, Mitglied zu werden.“ Denn Gesetze könnten nur der Anfang sein, letztendlich müsse Integration gelebt werden.

In einem Fachvortrag stellte Ulrike Rudolphi von der Chemie-Stiftung Sozialpartner Akademie (CSSA) die Ergebnisse eine Befragung der Chemie-Unternehmen zum Thema der interkulturellen Vielfalt vor. Die Studie benennt schon existierende gute Ansätze des Diversity-Managements, zeigt aber auch, wo die Probleme und Herausforderungen des interkulturellen Miteinanders in den Chemie-Betrieben liegen.

Im Anschluss an die Reden konnten sich die IG-BCE-Mitglieder selbst in drei verschiedenen Foren austauschen. Politische Teilhabe, die Öffnung von Strukturen für Migrantinnen und Migranten und die Verhinderung von Rassismus waren die Themenblöcke, zu denen diskutiert wurde. Im dritten Forum zum Thema „Rassismus in Arbeit und Alltag“ erläuterte die Geschäftsführerin des Kumpelvereins, Dr. Klaudia Tietze, in einem engagierten Vortrag, wie man Diskriminierungen im Betrieb verhindern könne. Zum Abschluss wurde es noch einmal emotional: Denn es war die letzte Tagung unter hauptamtlicher Leitung des für Migration zuständigen Abteilungsleiters der IG BCE, Giovanni Pollice, der auch Vorsitzender des Kumpelvereins ist. Mit Danksagungen, musikalischer Einlage und „Standing Ovation“ wurde sein langjähriges Engagement für Integration und Teilhabe, gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gewürdigt. Pollice bedankte sich für die Unterstützung in all den Jahren und versicherte augenzwinkernd: „So schnell werdet ihr mich nicht los.“ Seine Arbeit als Gewerkschaftssekretär sei für ihn eine Berufung gewesen und im Rahmen der „Gelben Hand“ werde er sich auch weiterhin für Chancengleichheit und gegen Ausgrenzung engagieren.

Die vollständige Resolution des IG-BCE-Beirats findet ihr unter: http://www.igbce.de/download/224-90668/1/resolution-beirat-fluechtlingspolitik-11-11-2014.pdf