Bundestagswahl 2021

Unsere Fragen an die demokratischen Parteien und ihre Antworten

1. Wie will die Partei die zivilgesellschaftliche Präventionsarbeit gegen Rassismus und rechts dauerhaft unterstützen?

SPD: Sich für eine starke und wehrhafte Demokratie und Zivilgesellschaft einzusetzen bedeutet zunächst, Verfassungsfeinden entschlossen entgegen zu treten. Zur Förderung der Präventionsarbeit hat die SPD mit dem „Wehrhafte-Demokratie-Gesetz“ vorgeschlagen, diejenigen zu stärken und unterstützen, die für demokratische Werte eintreten. Leider ist das Gesetz an der Blockade der CDU gescheitert. Wir stehen aber weiterhin zu den Inhalten und werden für die Umsetzung des Gesetzes kämpfen.

Bündnis 90/ Die Grünen: Mit einem Demokratiefördergesetz wollen wir GRÜNE das Engagement von engagierten Menschen – vor allem Ehrenamtler*innen in Initiativen, Verbänden, Vereinen oder NGOs – nachhaltig, projektunabhängig und unbürokratisch finanziell absichern.

Die Linke: Zivilgesellschaftliche Gruppen, die sich gegen Rassismus, Antisemitismus, Homo- und Transfeindlichkeit oder Antiziganismus engagieren sowie migrantische Verbände, selbstverwaltete Beratungsangebote und die Selbstorganisation von Migrant*innen wollen wir durch ein Demokratiefördergesetz dauerhaft fördern. Antirassistische Initiativen sollen mehr finanzielle Unterstützung erhalten. Ehrenamtliche Verantwortliche in Vereinen und (Fan-)Projekten, die Partizipationsarbeit leisten, müssen stärker unterstützt werden.

FDP: Wir Freie Demokraten erkennen die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus als besondere Herausforderung an und stellen uns Diskriminierung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit aktiv entgegen. Es ist richtig, dass die Prävention im Bereich Rechtsextremismus auf eine stabile gesetzliche und finan-zielle Grundlage gestellt wird. Bestehende Projekte im Bereich der Präventionsarbeit wollen wir erhalten und die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes unterstützen.

CDU/CSU: CDU und CSU treten jeder Form von Extremismus und Rassismus entschieden entgegen. Der Präventionsarbeit gegen Rassismus und Extremismus jeder Art ist dabei ein besonderer Stellenwert beizumessen. Wir haben den besorgniserregenden Entwicklungen mit der Einsetzung des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus höchste Priorität eingeräumt. Der Ausschuss hat einen umfassenden Maßnahmenkatalog verabschiedet, der restriktive und präventive Schwerpunkte enthält. Der Maßnahmenkatalog berücksichtigt auch die Stellungnahmen der Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft, insbesondere der Migrantenorganisationen, der Wissenschaft und der Länder. Dem Deutschen Bundestag sollen künftig regelmäßig Extremismus-Berichte der Bundesregierung vorgelegt werden, die gesamtgesellschaftliche Entwicklungen mit Blick auf Demokratiefeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus ausleuchten. Dies dient auch der Information der Zivilgesellschaft. Die Präventionsprogramme des Bundes gegen Extremismus wollen wir systematisch evaluieren, professionalisieren und standardisieren.

 

2. Welche konkreten Schritte plant die Partei, um Rassismus zu bekämpfen und Menschen vor rassistischer Diskriminierung und Gewalt zu schützen?

SPD: Die SPD wird die Antidiskriminierungsstelle des Bundes stärken und ein modernes Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz auf den Weg bringen. Gleichzeitig gilt es denjenigen, die Hass, Hetze und Diskriminierung in unsere Gesellschaft tragen, mit aller Entschiedenheit und der vollen Kraft des Rechtsstaates zu begegnen. Der Verfassungsschutz muss dazu die Rolle eines Frühwarnsystems einnehmen und rechtzeitig verfassungsfeindliche und menschenverachtende Strömungen erkennen.

Bündnis 90/ Die Grünen: Es braucht endlich eine Gesamtstrategie für den Umgang mit Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Dazu gehören die rückhaltlose und priorisierte Aufklärung rechtsextremer und rassistischer Taten sowie Identifizierung und Zerschlagung aller beteiligten Netzwerke, Verbesserung der Analysefähigkeit der Sicherheitsbehörden im Bereich Rechtsextremismus, Verschärfung des Waffenrechts und Entwaffnung von Rechtsextremen.

Die Linke: Es braucht eine klare Arbeitsdefinition von institutionellem und strukturellem Rassismus. Wir wollen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz grundlegend reformieren, wir wollen ein Verbandsklagerecht und ein Bundesantidiskriminierungsgesetz zum Schutz vor Diskriminierung durch staatliche Stellen. Es braucht eine*n Antirassismus-Beauftragte*n mit echten Befugnissen. Wir fordern eine Schutz- und Förderklausel gegen rassistische Diskriminierung in Art. 3 Grundgesetz und ein Bundesministerium für Migration und Partizipation.

FDP: Die Sicherheitsbehörden müssen sich besser um den Schutz besonders gefährdeter Gruppen kümmern. Dafür muss die deutsche Sicherheitsarchitektur reformiert werden. Ziel muss es sein, die Zahl der beteiligten Behörden zu verringern und Verantwortlichkeiten zu klären. Wir fordern eine bessere personelle und technische Ausstattung bei Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten. Wir wollen das Thema Digitalisierung höher priorisieren, denn Radikalisierung findet immer häufiger im Internet statt. Deshalb braucht es dringend ein Gesamtkonzept gegen digitale Radikalisierung.

CDU/CSU: Dort, wo in unserer Gesellschaft Abschottung und Intoleranz um sich greifen, entsteht der Nährboden für Radikalisierungen. Vorbeugende Maßnahmen müssen daher möglichst früh und im unmittelbaren persönlichen Umfeld ansetzen. Wir wollen mit gezielter Bildungsarbeit darauf hinwirken, dass jede und jeder problematische Entwicklungen im persönlichen Umfeld frühzeitig erkennen und rechtzeitig reagieren kann. Insbesondere Schulen und Vereine wie auch Soziale Netzwerke spielen dabei eine bedeutende Rolle. Soziale Netzwerke in den Fokus zu nehmen, gehört daher zu den zentralen Aufgaben des Verfassungsschutzes, gerade mit Blick auf selbstradikalisierte Einzeltäter. Jede Form einer Schwächung des Verfassungsschutzes lehnen wir daher ab.

Wir werden Extremismus und Rassismus mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen und nicht zulassen, dass unser Land dadurch bedroht wird. Wir wollen gezielt durch intensive Präventionsarbeit in Gefängnissen verhindern, dass sich Menschen dort radikalisieren und für Terrororganisationen gewinnen lassen. Wir wollen wieder eine Demokratieklausel einführen. Empfänger von Fördergeldern müssen sich klar und ausdrücklich zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen.

 

3. Millionen Beschäftigte haben in Deutschland aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit kein Wahlrecht. Welche Maßnahmen schlägt die Partei vor, um die politische Teilhabe für alle hier lebenden Menschen zu ermöglichen?

SPD: Für ein gemeinsames Leben in einer Gesellschaft des Respekts ist die Gewissheit dazuzugehören die Grundvoraussetzung. Dies gilt unabhängig von der eigenen Migrationsbiografie. Das Wahlrecht als Bestandteil unserer Demokratie ist ein großer Anreiz politischer Partizipation, daher werden wir durch die Verankerung einer Möglichkeit zur Mehrstaatlichkeit die Partizipationsmöglichkeiten erweitern. Darüber hinaus fördern wir die politische Partizipation, etwa in Vereinen oder Interessensvertretungen als Mittel gelingender Integration.

Bündnis 90/ Die Grünen: Für mehr Repräsentanz und Teilhabe werden wir GRÜNE ein Bundespartizipations- und Teilhabegesetz vorlegen und das Bundesgremienbesetzungsgesetz reformieren. Wer hier dauerhaft seinen Lebensmittelpunkt hat, muss die Möglichkeit haben, an Wahlen, Abstimmungen und allen anderen demokratischen Prozessen gleichberechtigt teilzunehmen, in einem ersten Schritt wollen wir das kommunale Wahlrecht für Drittstaatsangehörige einführen.

Die Linke: Wir wollen das aktive und passive Wahlrecht auf allen Ebenen für alle langfristig in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationsgeschichte. Alle hier geborenen Kinder und Jugendlichen, deren Eltern dauerhaft im Land wohnen, sollen die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Migrant*innen sollen nach fünf Jahren Aufenthalt einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung haben. Wir wollen ein Partizipationsgesetz, um Menschen mit Rassismus-Erfahrung einzubeziehen und in der Gesellschaft zu repräsentieren.

FDP: Wir Freie Demokraten wollen eine Integrationspolitik, die Einwanderinnen und Einwanderer einlädt, Teil unserer Gesellschaft zu werden, ihnen aber auch eine eigene Integrationsleistung abverlangt. EU-Ausländer können auf kommunaler Ebene bereits heute ihr Wahlrecht ausüben. Wir begrüßen es, wenn Menschen, die in Deutschland geboren sind oder ihr ganzes Leben in Deutschland verbringen werden, über eine Einbürgerung auch rechtlich Teil des Staatsvolkes werden. Daher fordern wir für sie einen vereinfachten Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit nach insgesamt vier Jahren.

CDU/CSU: Die politische und soziale Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund ist CDU und CSU ein wichtiges Anliegen. Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sollen in allen Bereichen der Gesellschaft teilhaben können und die gleichen Chancen haben. Wir stehen für eine klare Einbürgerungsperspektive für Zuwanderer, die schon über Jahre bei uns leben, arbeiten und gut integriert sind. Wir halten es für wichtig, dass gut integrierte Zuwanderer mit der Einbürgerung alle staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten erhalten. Wir wollen dafür werben, dass sich mehr junge Menschen mit Migrationshintergrund für eine berufliche Laufbahn im öffentlichen Dienst entscheiden. CDU und CSU wollen auch mehr Menschen für ehrenamtliche Tätigkeiten gewinnen, denn politische Teilhabe resultiert oftmals auch daraus, dass Menschen im lokalen Umfeld füreinander Verantwortung übernehmen. Innerhalb von CDU und CSU gibt es Netzwerke, Arbeitskreise und Gremien für integrationspolitische Themen, die sich auch mit Fragen der politischen Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte innerhalb der Partei beschäftigen.