„Demokratie lebt von Beteiligung“

Interview mit Yasmin Fahimi, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes

Als DGB-Vorsitzende ist Yasmin Fahimi eine wichtige Stimme für die Stärkung demokratischen Engagements. Anlässlich des Internationalen Tages der Demokratie am 15. September haben wir mit ihr über Aktivitäten und Forderungen der Gewerkschaften für mehr Demokratieförderung in Betrieben und Dienststellen, aber auch über die AfD und rechte Erfolge gesprochen.

Yasmin, vor allem in Krisenzeiten gilt es, die Demokratie zu schützen und zu stärken – dabei spielen Gewerkschaften eine zentrale Rolle. Was unternimmt der DGB im Kampf für mehr Demokratie und Mitbestimmung? Und welche Rolle spielt dabei der Kumpelverein?

Demokratie lebt von Beteiligung, sie gibt den Menschen die Möglichkeit, auf ihre eigenen Lebensumstände Einfluss zu nehmen. Für Gewerkschaften ist Demokratie zentral – und sie endet nicht vor dem Werkstor. Deshalb sind Mitbestimmung und Tarifbindung wichtige Elemente demokratischer Beteiligung; täglich setzen wir uns für ihre Sicherung und Ausweitung ein. Der Kumpelverein stellt sicher, dass dieser Anspruch für alle Kolleginnen und Kollegen gilt, egal wo ihre Wurzeln liegen. Die Gelbe Hand macht nach außen deutlich: Wir lassen uns nicht spalten, denn unsere gemeinsamen Interessen als Beschäftigte sind stärker als das, was uns unterscheidet.

Was fordert der DGB mit Blick auf Demokratieförderung von der Politik?

Vor allem Verlässlichkeit und Kontinuität für diejenigen, die sich in Projekten und Vereinen für die Demokratie engagieren. Aktuelle Kürzungsvorhaben wie in der politischen Bildung sind da kontraproduktiv. Aber ich wünsche mir auch einen stärkeren Blick für die Ursachen so mancher Unzufriedenheit mit der Demokratie. Nur ein handlungsfähiger Staat kann verlässlich für sozialen Zusammenhalt sorgen. Diese Handlungsfähigkeit darf nicht durch eine falsche Finanzpolitik beschnitten werden.

Die Bundesregierung hat zur Stärkung einer engagierten Zivilgesellschaft und zur Förderung der Demokratie letztes Jahr einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Wie steht der DGB zum Entwurf dieses Demokratiefördergesetzes?

Wir unterstützen das Ziel des Demokratiefördergesetzes, endlich eine verlässliche und langfristige Förderung der demokratischen Zivilgesellschaft sicherzustellen. Der Gesetzentwurf ist auf jeden Fall ein wichtiger Schritt in diese Richtung, auch wenn wir uns an der ein oder anderen Stelle weiter reichende Maßnahmen gewünscht hätten. Die möglichst unkomplizierte, sichere und dauerhafte Finanzierung wichtiger Demokratieprojekte soll nach unseren Vorstellungen ein Ergebnis dieses Gesetzes sein. Der Gesetzentwurf liegt schon lange vor, er muss jetzt endlich verabschiedet werden.

Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften sind mit in der Verantwortung, Demokratiefeindlichkeit, Rassismus und Rechtsextremismus entschieden entgegenzutreten. Was unternimmt der DGB gegen das Erstarken der AfD und rechter Aktivitäten in Betrieben?

Antifaschismus gehört zur DNA von Gewerkschafter*innen. Wir stellen uns der extremen Rechten entgegen – innerhalb und außerhalb der Betriebe. Neben vielen anderen Aktivitäten betreiben wir als DGB verschiedene Projekte, die sich explizit mit rechten Aktivitäten in Betrieben und der Stärkung der Demokratie in der Arbeitswelt befassen. Die „Initiative innerbetriebliche Demokratiekompetenz“ bietet beispielsweise Schulungen vor allem für KMUs an, die hier Probleme haben. Im Projekt „Vernetzen, Aufklären, Unterstützen“ schulen wir hauptamtliche Gewerkschafter*innen in der Auseinandersetzung mit rechten Umtrieben im Betrieb.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte bringt in seinem Gutachten „Warum die AfD verboten werden könnte – Empfehlungen an Staat und Politik“ die Forderung nach einem Verbot der AfD ins Gespräch. Wie beurteilst du diese?

Ohne Zweifel hat sich die AfD immer mehr zu einer Partei der extremen Rechten entwickelt. Die völkische Rechte um Björn Höcke hat das Kommando übernommen. Der gegenwärtige Höhenflug in den Umfragen ist besorgniserregend. Dennoch glaube ich an die Stärke der Demokratinnen und Demokraten, die es jetzt zu beweisen gilt. Soziale Absicherung und ein – auch finanziell – handlungsfähiger Staat sind bessere Mittel gegen rechts als ein Parteiverbot. Das Gleiche gilt für den Ausbau von Demokratieprojekten und die soziale Absicherung anstehender Transformationsprozesse. Und auch Tarifbindung und Mitbestimmung sind Mittel der Demokratisierung und damit gegen die extreme Rechte. Dennoch findet sich das Parteiverbot als Lehre aus der historischen Erfahrung des Faschismus im Grundgesetz. Es kann jedoch nur ein letztes Mittel sein, wenn alle anderen ausgeschöpft sind. Das ist bis jetzt nicht der Fall.

 

Aktuelle Projekte des DGB:

DGB-Vorsitzende, Yasmin Fahimi, Foto: DGB/Benno Kraehahn