Der Europäische Gewerkschaftsbund EGB (engl. ETUC) veranstaltete am 10. September in Brüssel zusammen mit dem europäischen Gewerkschaftsinstitut (ETUI) den Workshop “Racism and Xenophobia at the workplace”. Es war der erste Workshop dieser Art auf europäischer Ebene. Ziel war es, mit Gewerkschaterinnen und Gewerkschatern aus ganz Europa in den Austausch zu kommen, um Strategien zu diskutieren, wie man dem Rechtsruck in der Gesellschatentgegen wirken könne, und wie man konkret am Arbeitsplatz Rassismus und Diskriminierung verhindern könne. Von der Gelben Hand waren der Vorsitzende Giovanni Pollice und Redakteur Marco Jelic als Referenten eingeladen.
In seiner Eröffnung skizzierte der stellvertretende EGB-Generalsekretär Peter Scherrer die besorgniserregende Entwicklung in vielen europäischen Mitgliedsstaaten, in denen rechts populistische Kräfte im Aufwind seien und Rassismus immer offener zu Tage trete. Dies sei eine Herausforderung für die europäische Gewerkschaftsbewegung, so Scherrer. Im ersten Panel stellten Wissenschaftler und Gewerkschafter aus verschiedenen europäischen Ländern die jeweilige Situation in ihrem Land dar. Marco Jelic ging auf die aktuellen Vorfälle in Chemnitz ein. Er zeichnete aber auch eine Entwicklung über die Jahre nach, den Prozess der stetigen Enthemmung des öffentlichen, medialen und politischen Diskurses und eine Verschiebung nach rechts – von Sarrazin bis zur AfD und Pegida. Jelic nannte als Ursachen für die hohen Zustimmungswerte zur rechtspopulistischen, in Teilen rechtsextremen AfD – auch innerhalb der Arbeitnehmerschaft –sowohl soziale Faktoren – prekäre, unsichere Arbeitsverhältnisse, Bedrohungs- und Krisengefühle in Zeiten des rasanten Wandels –, als auch kulturelle „Überfremdungsängste“ und den Wunsch nach kultureller Homogenität. Auf beide Ursachen, auf soziale wie kulturelle, müssten Politik, aber auch Gewerkschaften Antworten geben: „Eine gute Sozialpolitik allein wird nicht reichen, um Rassismus zu bekämpfen. Wir müssen soziale Sicherheit, Demokratie und Vielfalt stärker zusammen denken.“ Die Gewerkschaften als soziale Stimme mit vielfältiger, interkultureller Mitgliedschaft hätten das Potential, den Zusammenhalt zu stärken, so Jelic: „Wir müssen unsere gesellschaftlichen Werte der Solidarität, der Demokratie und der Menschenrechte sichtbar nach außen tragen und gesellschatlich wirken.“
Im zweiten Forum ging es dann um konkrete Praxisbeispiele und Maßnahmen gegen Rassismus in den Betrieben. Als Beitrag aus Deutschland war das Engagement von Evonik vorgesehen. Da die Betriebsratskollegin kurzfristig krankheitsbedingt absagen musste, stellte Giovanni Pollice anhand der vorbereiteten Präsentation die Aktivitäten der Evonik vor. Zum einen waren das das große Engagement und die zahlreichen Aktivitäten der Jugend- und Auszubildendenvertretung während der Internationalen Wochen gegen Rassismus, aber auch die strukturelle Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten bei Evonik durch das tarifliche Förderprogramm für Jugendliche „Start in den Beruf“, das auch zusätzlich für Geflüchtete geöffnet wurde.
Abschließend präsentierten sich antirassistische, gewerkschaftliche Kampagnen und Initiativen aus den europäischen Mitgliedsländern, unter anderem aus Belgien und Italien. Als Initiative für den gewerkschaftlichen Einsatz gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland stellte unser Vorsitzender Giovanni Pollice die Arbeit der Gelben Hand vor. Positiv zu bewerten sei, so Pollice, dass bei dem Thema alle –Arbeitgeber, die Gewerkschaften und auch die Betriebsrätinnen und Betriebsräte – an einem Strang ziehen würden. Vor allem da, wo gute gewerkschaftliche Strukturen vorhanden seien, arbeite man bei dem Thema gut zusammen: „Wir haben als Antirassismus-Verein über die Gewerkschaften und die Betriebsräte Zugang zu den Betrieben. Dort leisten wir mit unseren Projekten Bildungs- und Sensibilisierungsarbeit, um gegen Diskriminierung und Rassismus am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft vorzugehen. Den Verein gibt es seit über 30 Jahren – doch es ist heute wichtiger denn je, für Demokratie einzustehen und diese Werte tagtäglich zu vermitteln.“
Insgesamt ging von der Tagung das kämpferische Signal aus, als Gewerkschaften europaweit zusammenzustehen und Rassismus und Rechtspopulismus klar und bestimmt entgegenzutreten. Das war Einheit in Vielfalt und gelebte internationale Solidarität.