Gegen Ausbeutung und Diskriminierung in der Arbeitswelt

Das DGB-Projekt „Faire Mobilität“ kämpft für die Rechte ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Das DGB-Projekt „Faire Mobilität" unter der Leitung von Dominique John beschäftigt sich mit dem Missbrauch der europäischen Arbeitnehmerfreizügigkeit. Seit 2011 gibt es in sechs deutschen Städten Beratungsstellen, die mobile Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, vor allem aus Mittel- und Osteuropa, in der jeweiligen Muttersprache über ihre Rechte informieren und im konkreten Problemfall Hilfestellung leisten. Denn in Branchen wie dem Baugewerbe, der Gebäudereinigung, Hotel- und Gastronomiegewerbe, der Schlachtindustrie und der privaten Pflege ist häufig ein Missbrauch der ausländischen Arbeitskräfte zu beobachten. Aber auch im Transport- und Logistikwesen, sowie bei industriellen Zulieferern werden Arbeitskräfte systematisch ausgenutzt. Das zeigt auch der folgende Fall, den Projektleiter John schildert.

Jeder kennt sie, die deutschen Premium- Automarken: Daimler, Audi, Volkswagen und Porsche. Sie alle lassen sich unter anderem von der Unternehmensgruppe Binder aus der Schwäbischen Alb beliefern. In einem Werk arbeiteten vornehmlich Kroaten. Einige dieser Beschäftigten haben sich an die Beratungsstelle von „Faire Mobilität" in Stuttgart gewandt. Nach ihrer Auskunft sind rund 100 Arbeiter aus Kroatien angeworben und von dort zur Firma Binder entsandt worden.

Die kroatischen Beschäftigten gaben an, dass sie 260 bis 300 Stunden pro Monat im Akkord arbeiteten und dafür 1.800 bis 2.200 Euro netto im Monat verdienten. In Einzelfällen lägen zwischen den Schichten lediglich sechs bis acht Stunden Ruhezeit. Sie wurden gezielt an Sonn- und Feiertagen eingesetzt. Wochenendzuschläge standen ihnen nicht zu. Ein Teil des Lohns wurde zudem als Prämie ausbezahlt. Die Beschäftigen beklagten auch, dass es aufgrund einer fehlenden elektronischen Arbeitszeiterfassung häufig zu Fehlabrechnungen kam. Im Krankheitsfall sei es trotz Attest üblich, ab dem dritten Krankheitstag Überstunden abzubauen. Darüber hinaus wären die in Kroatien unterschriebenen Arbeitsverträge nach der Ankunft in Deutschland wohl durch neue Arbeitsverträge ersetzt worden. Darin enthalten sei die Einwilligung zur Unterbringung in Wohnungen, die von der Binder-Gruppe angemietet wurden. Für die Unterbringung in Mehrbettzimmern bezahlten die Männer 216 Euro im Monat pro Bett. Die Summe wurde direkt vom Lohn abgezogen. In verschiedenen Vier- Zimmer-Wohnungen waren jeweils bis zu neun Personen untergebracht. In einem Fall recherchierte „Faire Mobilität", dass der Preis für die Wohnung bei lediglich 700 Euro lag. Insgesamt waren das untragbare Arbeitsbedingungen. Die Absicht der Binder-Werke: Über Werkverträge mit den Kroaten sollten die Kosten für das Unternehmen gedrückt werden – auf dem Rücken der Migranten. Dabei gibt es Entsenderichtlinien, doch sie werden umgangen.

Als der Fall durch Stuttgarter Mitarbeiter von „Faire Mobilität" bekannt wurde, sorgte er in der Lokalpresse für Schlagzeilen, so dass das Unternehmen einlenkte. Das ist leider kein Einzelfall. Alle sechs Beratungsstellen sind ausgelastet: Der Bedarf an Beratung ist groß, Missbrauchsfälle an der Tagesordnung. Doch der DGB und „Faire Mobilität" werden sich auch weiterhin gegen Ausbeutung, Diskriminierung und Missbrauch von ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kämpfen.