Intellektuell, hip, cool – und rechtsextrem

Gelbe Hand informiert: Die Identitäre Bewegung

Immer öfter sieht man sie an Schulen, an Universitäten und auch in Betrieben: Flyer, Sticker oder auch Plakate mit dem gelben, griechischen Zeichen „Lambda“. Es handelt sich dabei um das Logo der kürzlich offiziell vom Verfassungsschutz als „rechtsextremistisch“ eingestuften Jugendgruppierung der „Identitären Bewegung“ (IB). Doch was will diese Gruppe? Warum benutzt sie ein griechisches Symbol? Was für Mittel und Strategien wendet sie an? Wie soll man damit umgehen, wenn solches Material in der Berufsschule oder im Betrieb auftaucht? Die Identitäre Bewegung ist Anfang der 2000er Jahre in Frankreich aus Protesten der „Generaciòn identitaire“ gegen Moscheebauten entstanden und ist mittlerweile eine europaweit vernetzte und aktive Jugendorganisation. In Deutschland gehen Schätzungen von rund 600 aktiven Mitgliedern aus. Mittlerweile gibt es in allen Bundesländern Regionalgruppen.

Ideologisches Fundament der „Identitären“ ist der sogenannte Ethnopluralismus. Der Begriff klingt zunächst harmlos, ist aber ein rassistisches Konzept, das in den 1970er Jahren in Frankreich entstanden ist. Nachdem die biologistische NS-Rasselehre wissenschaftlich unhaltbar geworden war, suchten Rechtsextreme nach neuen Legitimationen, um ihre weiße Vormachtstellung zu sichern und andere Menschengruppen abzuwerten. Beim Ethnopluralismus wird demnach zwar die Existenz anderer „Kulturen“ akzeptiert, aber nach dem Motto: Bitte jeder bei sich. Was im Sinne der Ethnopluralisten, also auch der Identitären Bewegung, nicht passieren darf, ist eine Vermischung der Kulturen. Sie negieren dabei, dass es dies schon immer gegeben hat und Kulturen nie starr und homogen sind, sondern dynamisch und vielfältig. Der Ethnopluralismus ist demnach ein zutiefst ausgrenzendes, rechtsextremes und völkisches Konzept. Politisch lehnt die IB jede Form von Migration ab. Sie stilisieren sich vor allem als Vorkämpfer für ein weißes, christliches Europa gegen eine vermeintlich drohende „Islamisierung“. Davon zeugt auch ihr Symbol, das „Lambda“: Es war das Zeichen der Krieger von Sparta, die ca. 500 v. Chr. gegen das Heer der Perser kämpften. Dieses historische Ereignis wird instrumentalisiert und popkulturell in die heutige Zeit transportiert. Insbesondere im Kontext des Flüchtlingszuzugs spricht die IB vom „großen Austausch“ – und hier ist man im Bereich der Verschwörungstheorien. Die IB geht nämlich davon aus, dass es einen Masterplan gäbe, die europäische weiße Bevölkerung gezielt zu unterwandern, sprich „auszutauschen“. Die IB macht immer wieder durch öffentlichkeitwirksame Protestaktionen auf sich aufmerksam. 2016 bestiegen Aktivisten das Brandenburger Tor, im Jahr darauf charterten sie ein Schiff im Mittelmeer, um zu symbolisieren, dass sie sozusagen „an vorderster Front“, etwas gegen Flüchtlinge unternehmen. Das hat de facto nichts bewirkt, jedoch verbreiten sie hochprofessionell und sehr geschickt ihre Botschaften über die sozialen Medien und erreichen dabei hohe Klickzahlen.

Vom althergebrachten Rechtsextremismus distanziert sich die IB offiziell, im Auftreten wirken sie eher hip, cool und intellektuell. Gerade das macht sie so anschlussfähig und so gefährlich. Tauchen Sticker oder Flyer in Schulen oder Betrieben auf, so ist sicherlich der Lehrer/die Lehrerin bzw. der Betriebsrat ein erster Ansprechpartner, um dann im zweiten Schritt das Material zu entfernen oder zu überkleben, damit diese rechtsextremen Botschaften nicht im öffentlichen Raum stehen bleiben. Denn es geht bei der IB nicht um einen Austausch auf demokratischer Grundlage, sondern um Provokation und Diskurshoheit. Darüber hinaus ist es sinnvoll, zum einen über diese Tendenzen aufzuklären durch Info-Veranstaltungen, zum anderen auch übergreifend – z. B. im Betrieb mit JAV, Betriebsräten, Unternehmungsführung und Gewerkschaften – ein Zeichen zu setzen, dass man solches Gedankengut nicht toleriert und man die eigenen Werte der Demokratie und Vielfalt noch einmal stark macht. Mehr Infos und Anregungen zu Aktionen gegen Rechts findet ihr auf unserer Homepage (www.gelbehand.de) und in unserer Good-Practice- Datenbank unter: https://www.gelbehand.de/?id=13

(Foto: Reuters dpa/jm [CC BY-SA 4.0(https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)] )