Mehr Vielfalt wagen!

47. Recklinghäuser Tagung der IG BCE

Rund 400 Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter aus ganz Deutschland kamen traditionell am ersten Dezemberwochenende nach Recklinghausen, um sich zu den wichtigen, aktuellen Themen der Migration und Integration auszutauschen. Mit Blick auf die Betriebsratswahlen 2018 lautete das Motto der diesjährigen Migrationstagung der IG BCE: „Unsere Mitbestimmung heißt: Mehr Vielfalt wagen.“ Auch der Kumpelverein war durch den Vorsitzenden Giovanni Pollice und zahlreiche aktive Fördermitglieder aus dem Bereich der IG BCE wieder vor Ort mit dem Stand vertreten, um gemeinsam mit der IG BCE ein Zeichen gegen Ausgrenzung und für die Vielfalt zu setzen.

Eine Vielfalt, die in der IG BCE längst gelebt wird. Rund 1200 Betriebsräte im Bereich der IG BCE haben einen Migrationshintergrund. Diese Vielfalt sei eine Stärke und bringe Vorteile, betonte daher Petra Reinbold-Knape, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes der IG BCE, in ihrer Begrüßung: „Wer die Vielfältigkeit anerkennt und wertschätzt, der erhöht auch die Produktivität und die Identifikation.“ Auch die Gewerkschaft profitiere von Mitgliedern mit einem vielfältigen Background, der immer „neue Blickwinkel, neue Impulse“ mit sich bringe. Doch es gebe politische Kräfte in der Gesellschaft, die diese Vielfalt ablehnten. Daher gelte es, auch bei den Betriebsratswahlen aufzupassen und die eigenen Werte stark zu machen, so Reinbold-Knape: „Ausgrenzende, nationalistische Menschen dürfen nicht Fuß fassen.

Wir sind Demokratie, wir lassen das nicht zu – wir stehen für Respekt, Toleranz und Solidarität.“ Der Bürgermeister der Stadt Recklinghausen, Christoph Tesche, dankte in seinem Grußwort der IG BCE dafür, genau diese Werte immer wieder in die Gesellschaft hineinzutragen: „Ohne Gewerkschaften könnten wir eine freiheitliche, demokratische Grundordnung nicht leben.“ Bei den Themen der Integration hätte die IG BCE eine Vorbildfunktion und liefere einen wichtigen Beitrag zu einem vielfältigen Land.

Hauptredner der migrationspolitischen Tagung in diesem Jahr war der Vorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis. In seinem Grundsatzreferat betonte er, dass es eine ständige Aufgabe sei, die gewerkschaftlichen Grundwerte - Freiheit, Gleichheit und Solidarität - immer wieder zu reflektieren, zu diskutieren, zu schärfen, um sie anwendbar zu machen für die tagtäglichen Herausforderungen. „Es ist elementar für uns, dass man die tägliche Arbeit mit der eigenen, ethischen Verortung verbindet.“ Gerade in diesen Zeiten, in denen die Parameter in der Welt sich verändert hätten – das sei ein Potential für Populisten.

Vassiliadis bemängelte daher die zunehmende Rauheit „populistischer Überzeugungskriege“. „Was wir nicht wollen, ist das still hinzunehmen. Wir werden den politischen Kampf gegen rechtsradikale, rechtspopulistische Machenschaften aus der eigenen politischen Heimat heraus führen.“ Doch es gebe Verzerrungen in der Wahrnehmung, gerade in der Mitte der Gesellschaft, die gefährliche Auswirkungen hätten und Mythen und Radikalität bedingten. Ein enthemmter Finanzmarktkapitalismus und soziale Ungerechtigkeiten führten zu Irritationen in der Mitte. Das sei das Einfallstor der Populisten – und bedeute gleichzeitig das Versagen der Politik, eine Vision der Zuversicht zu entwickeln: „Die Menschen haben das Gefühl, etwas stimmt nicht, ihre Probleme spielen keine Rolle.“ Um diesen Tendenzen im Betrieb entgegenzuwirken, auch hinsichtlich der Betriebsratswahlen im März 2018, appellierte der Vorsitzende, Solidarität, den „genetischen Code der Gewerkschaften“, wieder erlebbar zu machen und sich nicht spalten zu lassen. In der Organisation seien 99 Nationalitäten beheimatet, Vielfalt werde als Normalität wahrgenommen, denn jeder sei hier Gewerkschafter: „Egal welchen Pass oder welchen Glauben du hast, hier ist der Treffpunkt der Demokraten der Welt."

Petra Reinbold-Knape, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes der IG BCE (Foto: Frank Rogner)